Die Dänen sind immer tiefenentspannt, die Belgier und Holländer schmeißen so gut wie alles in die Fritteuse und die Deutschen treiben Sport – na klar – im Verein. Ob Stress, Ernährung oder Bewegung, fast jedes Land hat hier ein Klischee zu bieten. Wir haben uns mal die Fakten hinter den Klischees vorgenommen und geschaut, was welche Länder in puncto Gesundheit richtig gut machen.
Über fast jedes Land gibt es Vorurteile und Klischees, die meist wenig mit der Realität zu tun haben. Klar, Deutsche tragen nur Lederhosen, Skandinavier sind am zufriedensten und in Holland fahren alle mit dem Fahrrad. Manche Dinge sind aber richtig gut und sogar so gesund, dass man sich daran einfach ein Beispiel nehmen kann, um damit nicht nur entspannter, sondern auch gesünder zu leben. Wir stellen euch hier ein paar dieser gesunden Gewohnheiten vor.
Niederlande und Dänemark: Radeln als Herzenssache
Amsterdam ist ein Paradies für Radfahrer:innen. Fast 60 Prozent der Bewohner:innen von Amsterdam sind täglich mit dem Rad unterwegs. Kein Wunder, denn Amsterdam hat sich selbst zur Stadt der Fahrräder ernannt und einiges dafür getan, das auch zu sein: Schon in den 1970er Jahren legte Amsterdam den Grundstein für eine Stadt der Zukunft – und in der fährt man Fahrrad statt Auto.
Allein in den letzten 20 Jahren ist der Anteil der Radfahrer in der Stadt um 40 Prozent gestiegen. In einem Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof stehen jeden Tag rund 18.000 Drahtesel. Und wer sich als unbedarfter deutscher Tourist auf dem Radweg verirrt, merkt schnell: In Amsterdam herrschen die Radler:innen. Doch obwohl so viele Amsterdamer täglich Rad fahren, wurden sie dabei sogar von den Dänen überholt: durchschnittlich legen sie pro Jahr 954 Kilometer auf zwei Rädern zurück. Das ist nicht nur gut für die Umwelt – sondern auch für die Gesundheit.
Ein Report des britischen nationalen Gesundheitsdiensts NHS bescheinigt Radfahrern ein 52 Prozent niedrigeres Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten im Vergleich zu Nicht-Radlern. Die Wahrscheinlichkeit, als Radfahrer an Krebs zu erkranken sei 40 Prozent niedriger.
Eine andere Studie zeigt, dass sogar Menschen, die 43 Jahre nicht geradelt sind, ihren Cholesterinspiegel und ihren Blutdruck schnell wieder in den Griff bekommen, sobald sie sich wieder regelmäßig auf den Sattel schwingen. Die einzigen negativen Effekte auf die Gesundheit der Radfahrer scheinen dagegen nicht am Radfahren selbst zu liegen, sondern an der Luftverschmutzung durch Autos und LKW. Höchste Zeit also, einmal wieder in die Pedale zu treten.

Uganda: Fitness ohne Studio
Uganda ist das fitteste Land der Welt: Nirgends sonst sind die Menschen so aktiv wie in dem afrikanischen Land, fand ein Report der Weltgesundheitsorganisation WHO heraus. Dabei konnte sich Uganda gegen 167 andere Länder durchsetzen: Sie lieben Sport und bauen Bewegung ganz selbstverständlich in ihren Alltag ein. Doch während sich die einen in schicken Fitnessstudios dem Traumkörper entgegenschwitzen, haben die anderen keine andere Wahl als sich zu bewegen. Sie laufen aus Mangel an einem Auto und arbeiten auf dem Acker, um für die Familie etwas zu Essen auf den Tisch zu bringen. Deshalb macht sie der sportliche Enthusiasmus im Durchschnitt auch nicht automatisch zu einem der gesündesten Länder. Denn in dieser Kategorie schafft Uganda es in einer Bloomberg-Ranking noch nicht mal in die Top 50.
Und dennoch: Sport begeistert alle Gesellschaftsschichten in Uganda – vor allem Fußball, Cricket und Rugby. Aber auch Boxen ist mehr und mehr im Kommen. Denn der Kampfsport ist ein echtes Ganzkörper-Workout: Wer im Ring nicht sofort auf die Matte gehen will, geht regelmäßig joggen, ernährt sich gesund und stemmt Gewichte, alles zusätzlich zum eigentlichen Boxtraining. Auch der Staat sorgt für Schwung: Mit niedrigschwelligen Programmen und großen Kampanien will die Regierung vor allem Kinder und Jugendliche regelmäßig in die Sportsachen locken.
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Finnland: Kiefernnadel statt Kekse
Wenn du an Diplomat:innen denkst, stellst du dir vielleicht wichtige Menschen in Anzug und Blazer vor, die sich mit ernstem Blick versammeln und wichtige Dinge besprechen. In Finnland ist das etwas anders: Dort gibt es statt Besprechung mit Keksen und Filterkaffee auch mal einen Aufguss – ohne Anzug und Blazer. Denn dort fallen wichtige Entscheidungen nicht immer an Konferenztischen oder bei Geschäftsessen, sondern oft auch beim gemeinsamen Schwitzen.
Klar, aktuell, dürften sich auch in Finnland viele Geschäftspartner:innen vornehmlich in Video-Konferenzen treffen. Sonst dient in vielen großen Firmen in Finnland aber gerne mal die Saune als Besprechungsraum – in die oft irritierte Geschäftspartner:innen aus dem Ausland eingeladen werden. Sogar im finnischen Parlamentsgebäude gibt es einen Raum, in dem bereits Nikita Chruschtschow und Helmut Kohl ordentlich ins Schwitzen kamen. Nicht jeder fühlt sich sofort wohl, mit anderen Menschen auf engem Raum zusammen zu sitzen, zu schweigen und zu schwitzen – und das völlig nackt. Doch wer einmal die Hemmung überwunden hat, fühlt sich nach einigen Saunagängen wie nach einem Kurzurlaub: erholt, regeneriert und tiefenentspannt.
Doch nicht nur unsere Psyche kommt in der Hitze zur Ruhe, auch unser Körper genießt den Wechsel zwischen den heißen Aufgüssen und den eiskalten Abkühlungen danach. So können Saunagänge beispielsweise den Blutdruck dauerhaft um durchschnittlich 10 bis 15 Millimeter-Quecksilbersäule (mmHg) senken. Das liegt unter anderem daran, dass der Umgang der hohen Außentemperatur ein echter Workout für unser Herz ist: In der Sauna schlägt es schneller und kräftiger. Außerdem erweitern die kleinen, verzweigten Blutgefäße in der Sauna und ziehen sich bei der Abkühlung wieder zusammen. Das macht die Gefäße dauerhaft flexibler. Saunieren ist also ein bisschen wie Muskeltraining für unser Herzkreislaufsystem.

Griechenland: Läuft wie geölt
Fett macht fett? Diesen Mythos können wir gerne beerdigen. Denn die Ernährung mit viel Olivenöl, Fisch und Gemüse hält die Menschen gesund und sorgt für ein langes Leben – und das sogar ohne Speck auf den Rippen. Das wissen vor allem die Griech:innen. Fast 15 Liter Olivenöl konsumieren die Menschen in Griechenland pro Jahr und Kopf. Spanien folgt mit etwa 11 Litern.
Und wie sieht es in Deutschland aus? Hier begnügt man sich mit deutlich weniger als einem Liter. Schon vor tausenden Jahren waren die Griech:innen vom Olivenöl begeistert: In der Antike cremten sich die Menschen nach dem Baden mit Olivenöl ein und machten auch ihre Haare damit geschmeidig. Doch das Öl macht nicht nur Haut und Haare schön, sondern auch unsere Zellen glücklich. Denn das Öl hat ein gutes Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren.
Mit über 1.300 Tausend Tonnen im Jahr ist Spanien mit Abstand der größte Hersteller von Olivenöl. Obwohl der Verbrauch in Griechenland so hoch ist, wird dort vor allem besonders gutes und extrem schonend gepresstes Öl hergestellt. Übrigens: am 1. Juni ist der Internationale Tag des Olivenöls.
Dennoch ist Olivenöl mit etwa drei Millionen Tonnen pro Jahr nicht das meistgenutzte Öl: Vor allem Palmöl schafft es in die Küchen der Welt, da es billig ist und vielen hoch verarbeiteten Produkten wie etwa Nussnougatcremes die perfekte Konsistenz verleiht. Über 65,5 Millionen Tonnen Palmöl werden jedes Jahr hergestellt.

Japan: Platz lassen statt platzen
Das Burger-Menü, ein Softdrink dazu, einen halben Liter Eis zum Dessert und wenn alles etwas durchgerutscht ist, gibt es zum Abschluss noch ein paar Chips hinterher: Sieht dein Speiseplan auch manchmal so aus? Dann kennst du das Gefühl, wenn der Magen eigentlich nicht mehr will, du ihn aber beharrlich zum Weiterfuttern überredest.
In Japan gibt es eine Idee, die unseren Magen schonen möchte: Hara Hachi Bu. Wörtlich übersetzt bedeutet das „acht Teile von zehn voll“. Hara Hachi Bu legt uns nah, dass wir unseren Magen nur zu 80 Prozent füllen sollten. In Japan essen die Menschen nicht bis sie voll sind – sondern bis sie satt sind.
Und eine beschränkte Kalorienzufuhr kann unser Leben womöglich verlängern. Bei Würmern scheint Hara Hachi Bu jedenfalls gut anzukommen: Sie leben mit einer reduzierte Kalorienzufuhr etwa 40 Prozent länger als ihre Wurmkollegen, die uneingeschränkt drauflos futtern. Ob auch Menschen dadurch länger leben, lässt sich noch nicht sicher sagen. Dennoch scheint die japanische Weisheit eine zu bewirken: dass wir gesünder altern. Bei Mäusen, Rhesusaffen und eben auch beim Menschen zeigt sich, dass sich die weiße und die graue Materie im Gehirn positive entwickelt, wenn die Kalorienzufuhr gedrosselt wird. Wissenschaftler:innen nehmen deshalb an, dass sich das maßvolle Essen positiv auf die Alterung des Gehirns auswirkt.

Türkei: Abwarten und Tee trinken
In Japan und China ist Tee sehr beliebt. Diese Tradition hat viele positive Einflüsse auf unsere Gesundheit. Die Weltmeister im Teetrinken leben jedoch in der Türkei. Durchschnittlich verbraucht jeder Mensch in der Türkei 2,7 Kilogramm Tee. In Deutschland kommen wir auf gerade einmal 0,3 Kilogramm (Quelle: statista.com). Dabei freut sich unser Körper so sehr über das Jahrtausende alte Heißgetränk: grüner Tee verbessert nachweislich die Durchblutung und senkt den Cholesterinspiegel. Außerdem konnte eine Studie nachweisen, dass grüner Tee dabei hilft, eine ganze Reihe von auf hohem Blutdruck basierenden Herz-Erkrankungen vorzubeugen.
Und was für das Herz gut ist, das gefällt meist auch unserem Gehirn: Damit wir gut denken können, brauchen wir gesunde Blutadern – und auch ihnen helfen die im grünen Tee enthaltenen Stoffe. So ist das Arbeitsgedächtnis von Grüntee-Trinker:innen nach einer Schweizer MRI-Studie deutlich aktiver als bei der Vergleichsgruppe. Außerdem kann grüner Tee der Bildung von Plags vorbeugen, die mit der Krankheit Alzheimer in Verbindung stehen. Und wem das noch nicht reicht: Auch Diabetiker:innen tut der Tee gut.
Dänemark: Glücklich mit dem Staat
Eigentlich könnten wir uns wohlfühlen: Unsere Luft ist vergleichsweise sauber, wir haben kostenlosen Zugang zu weltweit geschätzter Bildung und unser Gesundheitssystem ist eines der besten Welt. Doch in einer Sache tun wir uns noch schwer: im glücklich sein. In den verschiedenen Glücksrankings rangierte Deutschland 2020 stets maximal im Mittelfeld (Quelle: statista.com).
Ganz anders sieht das bei unseren nördlichen Nachbarn aus, sie führen die verschiedenen Rankings und Tabellen seit Jahren an. Auch 2020 landete Dänemark im World Happiness Report auf Platz zwei aller untersuchen Ländern. Direkt hinter Finnland und vor der Schweiz. Deutschland hat es dagegen nur auf Platz 17 geschafft.
Aber warum sind die Dän:innen sie viel glücklicher als wir: Der Report legt nah, dass die Empfindung von Glück eng mit dem Gefühl sozialer Gleichheit und Gemeinschaftssinn verbunden ist – und Dänemark schneidet bei beidem gut ab. Denn die Dän:innen halten gerne zusammen, so zahlen die Menschen in Dänemark mit bis zu 50 Prozent einen der höchsten Steuersätze weltweit. Aber statt sich darüber zu beklagen, wie es in anderen Wohlstands-Ländern üblich ist, sagen die meisten Dän:innen, dass sie gerne Steuern zahlen – weil sie wissen, was sie und die Gemeinschaft davon haben. So ist beispielsweise der größte Teil des Gesundheitssystems für die Patient:innen kostenlos, es gibt keine Studiengebühren, Kinderbetreuung wird subventioniert und auch die Rente reicht für ein gutes Leben. Das Glück der Dän:innen liegt also vor allem in den guten Lebensbedingungen und einem starken Gerechtigkeitssinn.

Schweden: Arbeitest du noch oder lebst du schon?
Die Schweden haben die klassische 40-Stunden-Woche längst in Rente geschickt. Im Land von „Fika“, der schwedische Kaffeepause, bei der man sich in Ruhe Zeit nimmt für einen Kaffee mit Kollegen oder die Familie, ist die Arbeit nicht die oberste Priorität im Leben. Und das schützt vor Burnout.
Arbeitnehmer:innen in Schweden scheinen das Arbeitsleben zu genießen: In Befragungen zeigen sie sich überdurchschnittlich zufrieden mit mehreren Faktoren: Fast sieben von zehn Befragten (69 Prozent) sind glücklich mit ihrer Work-Life-Balance, und mehr als drei Viertel (77 Prozent) sind mit den Aufgaben in ihrem Job zufrieden.
In einer Vollzeitstelle arbeiten sie durchschnittlich, alle Überstunden eingerechnet, 42,3 Stunden pro Woche. Verglichen mit einer Vollzeitstelle im weltweiten Durchschnitt, bei der die Arbeitszeit bei 44,3 liegt, arbeiten die Schwed:innen also weniger und sind mit ihrer Arbeit zufriedener. Die Arbeitszufriedenheit der Schwed:innen wurzelt also eher in der Arbeit selbst – denn wenig arbeiten sie ja nicht gerade. Am Schlüsselbund der schwedischen Arbeitszufriedenheit hängen der Optimismus von 56 Prozent, wenn es um ihre Karrierechancen geht und die subjektive Sicherheit des Arbeitsplatzes, die 65 Prozent erleben.