Ein wichtiger Punkt bei einer nachhaltigen und gesunden Gestaltung urbaner Lebensräume sind die Bewohner:innen selbst, die sich mit ihren Ideen, Wünschen und Bedürfnissen im besten Fall mit in die Gestaltung einbringen. Bei der Science Slam-Tour CARE & SHARE, gefördert durch die Techniker Krankenkasse als Gesundheitspartner, präsentieren die Urbanisten ihre Arbeit und geben einen Einblick in die Möglichkeiten der Ausgestaltung von urbanen Lebensräumen. Wir haben dazu mit Svenja Noltemeyer, Vorstandsmitglied bei den Urbanisten gesprochen.
Die Science Slam-Tour CARE & SHARE bietet all jenen Menschen und Projekten eine Bühne, die Gesellschaft nachhaltig bewegen und die Zukunft verändern möchten. In diesem Jahr tourt die von der Techniker Krankenkasse geförderte Veranstaltung-Reihe mit insgesamt acht Veranstaltungen und drei Mitmachaktionen quer durch Deutschland. Bei den Mitmachaktionen ist jede:r Freiwillige willkommen.
Neben Themen wie Familie, Digitalisierung, Gemeinschaft, Ernährung, Arbeit und Sport geht es auch um urbane Stadtentwicklung und die Möglichkeiten, die die Bewohner:innen selbst haben, um sich für die Gestaltung ihres Lebensraums einzubringen. Eine wirklich nachhaltige Stadtplanung setzt bestimmte Dinge voraus: umweltfreundliche Praktiken, Grünflächen für die Bewohner:innen und unterstützende Möglichkeiten für ein nachhaltiges und gesundes Leben in der Stadt.
Die Urbanisten bieten Menschen Unterstützung, die sich am Auf- und Umbau des urbanen Lebensraumes aktiv beteiligen und ihr Wohnquartier selbst mitgestalten wollen.
Eigeninitiative ist wichtig
Wie wichtig die eigene Initiative dabei ist und was die Arbeit der Urbanisten mit gesunder Ernährung zu tun hat, verrät Svenja Noltemeyer im Gespräch. Gesunde Ernährung ist, ob in der Stadt oder auf dem Land, ein wichtiges Thema. Anhand von Programmen wie dem Ernährungscoaching der Techniker Krankenkasse findet man Informationen, Hilfe und Unterstützung. Die Urbanisten bieten dazu thematisch passend Menschen Beratung, Unterstützung und Hilfe beispielsweise bei der Umwandlung von Brachflächen in Gemeinschaftsgärten oder dem Anlegen eines Schulgartens und vielen anderen Projekte, die am Ende auf die Gesundheit jedes Einzelnen im Quartier einzahlt.
Wir haben mit Svenja Noltemeyer, Vorstandsmitglied bei den Urbanisten im Interview darüber gesprochen, wie die Arbeit des gemeinnützigen Vereins funktioniert, was die Vision für einen lebenswerten Raum und die darin lebenden Menschen ist und was die Urbanisten beim Science Slam so vorhaben.

Weltverbesserer.de: Was machen die Urbanisten?
Svenja Noltemeyer: Die Urbanisten sind eine Organisation für gemeinschaftliche und gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung. In unseren Projekten beschäftigen wir uns mit sehr verschiedenen Themen. Im Kern geht es aber immer darum, dass die Menschen sich aktiv an der Gestaltung ihres Umfeldes und der Lebensräume in ihrer Stadt beteiligen.
Wie sieht die Arbeit der Urbanisten aus?
Das ist eine Mischung aus Projektmanagement, Planung, Netzwerkarbeit und Bildungsarbeit. Wir arbeiten einerseits in komplexen Projekten mit Hochschulen, Kommunen oder Unternehmen, andererseits aber immer auch sehr konkret mit den Menschen vor Ort, z.B. beim Aufbau von Gemeinschaftsgärten oder bei der Gestaltung von Fassaden mit Kindern und Jugendlichen. Wir versuchen, verschiedene Akteure in einen fruchtbaren Zusammenhang zu bringen. Wichtig ist uns, dass sich die Beteiligung möglichst durch das ganze Projekt zieht. Erst dann findet auch sowas wie Empowerment statt, und nur dann kann Stadtentwicklung von unten auch langfristig erfolgreich sein.

Was ist für ein Zusammenleben in der Stadt der Zukunft nötig?
Die Verstädterung geht auf der ganzen Welt voran und die Städte haben mit verschiedenen Herausforderungen zu tun, zum Beispiel der Anpassung an den Klimawandel. Diese komplexen Probleme lassen sich nur lösen, wenn alle zusammenarbeiten, dann entstehen ganz neue Perspektiven. Viele Menschen haben Fähigkeiten, die sie ganz konkret einbringen könnten in die Verbesserung ihres Quartiers. Sie haben auch Ideen, kommen aber schnell an Hürden, zum Beispiel durch komplizierte Verwaltungsstrukturen und werden frustriert. Es braucht Raum für Experimente, nur so entstehen neue Lösungsansätze und damit Innovation.
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Spielt Gesundheit bei der Arbeit der Urbanisten eine Rolle?
Indirekt natürlich schon. Man ist in Bewegung, man ist draußen, man lernt andere Leute kennen, tauscht sich aus, baut zusammen etwas auf, tut etwas für sich, man beschäftigt sich mit dem Thema Ernährung, mit dem Thema Anbau, man lernt etwas über den Boden. Man lernt, wie Kreisläufe funktionieren, wie Upcycling funktioniert. Man kocht das, was man erntet und lernt durch die anderen Mitmachenden neue Rezepte und Pflanzen kennen. Das hat indirekt natürlich alles auch etwas mit dem Thema Gesundheit zu tun, nur vielleicht nicht ganz so plakativ, wie man es sonst kennt.
Was kann der Einzelne tun?
Als Einzelne:r kann man nicht viel tun. Deshalb ist unser Ansatz ja, Menschen zu vernetzen, um gemeinsam an Themen zu arbeiten, die einen positiven Impact haben. Und das sollte auch immer mit Spaß verbunden sein, gerade wenn man sich langfristig in einem Feld engagieren möchte. Bei uns gibt es Angebote, bei denen jede:r mitmachen kann, z.B. in der offenen Werkstatt oder in Gemeinschaftsgärten. Solche Projekte und Räume gibt es ja heute auch in vielen Städten. Da trifft man schnell Gleichgesinnte oder man entdeckt völlig neue Perspektiven und Themen. Man muss also nicht immer ganz von vorne anfangen, und spart sich vielleicht den ein oder anderen Fehler.

Was machen die Urbanisten beim Science Slam?
Bei dem Science Slam geht es ja um das Mit- und Selbermachen, um das Transformieren und der Arbeit an einer besseren Welt. Hierbei stellen wir uns als Verein vor und wollen für unseren Aktionstag werben, der am 14. Mai 2022 nach dem Science Slam am 9. Mai stattfinden wird. Hierbei sollen die Menschen die Chance haben, einen Tag bei der Transformation eines Hinterhofs zu einem Gemeinschaftsgarten dabei zu sein und mit Vielen zusammen selber zu werkeln. Zum Beispiel lernt man etwas über die verschiedenen Gartenformen, aber auch ganz konkret über das Anlegen von Hochbeeten, über Bewässerungssysteme, welche Pflanze neben welcher Pflanze stehen sollte und vieles mehr. Hier geht es auch um Möglichkeiten für die Nachbarschaft eine gesunde Ernährung in der Stadt durch Gemeinschaftsgärten und Co umzusetzen.
Welches Ziel haben die Urbanisten für die Zukunft der Stadtplanung?
Es gibt verschiedene Stufen der Partizipation in der Stadtentwicklung. Die eine ist: Informieren. Doch statt bei der reinen Information zu bleiben, ist unser Ziel, dass die Bewohner:innen darüber mitentscheiden, wie ein Ort oder ähnliches aussehen soll und sie darüber hinaus gemeinsam ins Selbermachen kommen. Dabei soll das Gefühl für die Menschen entstehen: „Ich kann meine Stadt mitgestalten!“ Es soll klar werden, dass man nicht nur das eigene Wohnzimmer, sondern auch das Leben vor der Tür mitgestalten darf. Beteiligung ist aber ein gesamtgesellschaftlicher Prozess: Die Verwaltung muss näher an den Menschen sein, aber auch die Menschen, die aktiv werden wollen, näher an der Verwaltung. Hier versuchen wir auch zu vermitteln.

Was muss sich ändern, damit wir diese Ziele erreichen?
Wenn man es am Beispiel Grün vor der Haustür sieht: Hier geht es vor allem um die Wege der Kommunikationsketten. Wenn jemand beispielsweise den Grünstreifen vor dem Haus bepflanzen will und dafür bei der Stadt keine Genehmigung hat, wird das Grünflächenamt die gepflanzten Blumen und Co. wahrscheinlich entfernen. Das führt natürlich zu Ärger auf Seiten der Anwohner:innen, die schlichtweg nicht wissen, dass man sich als Baumscheiben-Pate anmelden kann. Man muss einfach miteinander reden, kennt aber natürlich auch nicht alles und jeden.
Es braucht viel mehr Beteiligung, Transparenz und gelebte Demokratie. Und dafür braucht es Beispiele. Für die nationale Stadtentwicklungspolitik haben wir den Koop-Stadt-Preis miterfunden. Das ist ein Preis für gemeinsame Stadtproduktion, für eine Verwaltung, die sich öffnet und kooperative Stadtgestaltung möglich macht. Mit dem Preis werden Verwaltungen ausgezeichnet. Hier bekommen nicht die Macher:innen den Preis, sondern die Ermöglicher:innen, um ein Umdenken in den Verwaltungen zu erzeugen.
Weltverbesserer.de: Vielen Dank für das Gespräch!
Die Urbanisten sind ein gemeinnütziger Verein, der 2010 gegründet, das städtische Zusammenleben der Menschen vor Ort verbessern und neue Perspektiven für urbane Lebensräume und die darin lebenden Bewohner:innen in Zusammenarbeit mit den Menschen aus dem Quartier schaffen möchte.
Aus der Sicht der Urbanisten gestaltet sich eine moderne Gesellschaft durch und mit den Bewohner:innen selbst, die ihre Lebensräume selbstständig und eigenverantwortlich gestalten und anhand ihrer individuellen Ressourcen in gemeinschaftlicher Arbeit den urbanen Raum, in dem sie leben, kreativ und nach ihren Bedürfnissen und Wünschen gestalten. Mehr Informationen über den Verein, die Projekte und den Kontakt findet ihr unter dieurbanisten.de
CARE & SHARE – die Science Slam Tour
Bei der Science Slam Tour CARE & SHARE gefördert durch die Techniker Krankenkasse trifft unterhaltsame Wissenschaft auf soziales Engagement für eine gesunde Zukunft. Auf acht Stationen quer durch Deutschland darf sich das Publikum vom 09. Mai bis zum 06. Oktober auf Unterhaltung aus Wissenschaft und Praxis freuen.
Nachwuchswissenschaftler:innen und Macher:innen von Social Start-ups präsentieren im Rahmen der CARE & SHARE Tour ihre Forschungen und Visionen. Die Slammenden befassen sich in ihren 10-minütigen Beiträgen mit Themen aus den Bereichen Familie, Digitalisierung, Gemeinschaft, Ernährung, Arbeit und Sport. Ob Prosa, Rap, Reim oder Stand-up-Comedy Einlage – hierbei ist alles erlaubt. Ein Austausch mit den Zuschauer:innen im Anschluss an die Slams ist möglich. Bei den Stationen in Dortmund, Hamburg und Mainz dürfen sich alle Interessent:innen in den Tagen nach den Slams auf tolle Mitmachaktionen mit den Social-Start-ups der Tour freuen. Weitere Informationen sowie Termine und Tickets für die Slams gibt es hier: science-slam.com.